Wir werden weitere Radwege bauen und Flächen für Fußgänger ausweisen. Wir werden aber genauso schauen, dass wir leistungsfähige Straßen für eine Stadt haben, die von der Mobilität lebt.“ Frankfurt sei die fünfgrößte Stadt Deutschlands und das wichtigste Wirtschaftszentrum der Republik. Da könne Verkehrspolitik „nicht funktionieren wie im kleinsten Dorf nach dem Motto ‚Wir machen mal eine Straße zu und pinseln sie bunt an‘.

Gibt es in zehn Jahren in der Stadt noch mehr Gerangel zwischen Autofahrern, Anwohnern, Fußgängern und Radlern um immer weniger Verkehrsraum? Oder gelingt es, in einem gemeinsamen Miteinander die verschiedenen Interessen zu vereinen, anhaltende Konflikte endlich zu lösen und die Metropole verkehrspolitisch zu erneuern?
Dieser Fragen und Aufgaben will sich Uwe Becker mit Nachdruck widmen, wenn er am 5. März als neuer Frankfurter Oberbürgermeister gewählt wird. In einer von seiner Partei organisierten Podiumsdiskussion hat der OB-Kandidat am Montagabend (9. Januar) im Albert-Mangelsdorff-Saal im Südbahnhof seine Vorstellungen verdeutlicht.

Sternförmig laufe der Verkehr auf Frankfurt zu, erläuterte Becker. Darauf dürfe die Stadt nicht kleinteilig nach dem Prinzip Trial und Error reagieren. Für die Zukunft mit ihm als OB bedeute das: „Wir werden weitere Radwege bauen und Flächen für Fußgänger ausweisen. Wir werden aber genauso schauen, dass wir leistungsfähige Straßen für eine Stadt haben, die von der Mobilität lebt.“ Frankfurt sei die fünfgrößte Stadt Deutschlands und das wichtigste Wirtschaftszentrum der Republik. Da könne Verkehrspolitik „nicht funktionieren wie im kleinsten Dorf nach dem Motto ‚Wir machen mal eine Straße zu und pinseln sie bunt an‘.“
Von Moderatorin Ann-Kathrin Hörster nach konkreten Maßnahmen in der nächsten Dekade befragt, griff Becker die Vision eines Tunnels zwischen Alter Brücke und Untermainbrücke auf, skizzierte einen leistungsfähigen, die Region verbindenden Bahn-Ring um Frankfurt und betonte, dass bei allen Planungen stets die Wirkungen im Blick sein müssten – auch für Fußgänger.

Nicht zielführend erscheinen Becker Alibiveranstaltungen der jetzigen Stadtregierung, wenn Menschen aus der Schweizer Straße erklärt werde, was sie nicht wollen. Uwe Becker will indes „alle mitnehmen, um den Ansprüchen Frankfurts gerecht zu werden“. Er wünscht sich „mehr wechselseitiges Verständnis ohne Ideologie“ und eine „Politik, die Menschen nicht als Gängelung begreifen“.

Die nördliche Mainuferstraße würde er nicht sperren. Ein Tunnel könne die Altstadt ein Stück näher an den Main heranführen. So entstehe mehr Aufenthaltsqualität für Fußgänger und Gastronomie. Auch neue Radschnellwege und mehr Rücksicht auch auf die Anliegen von Senioren sowie vertretbare Preise bei Kurzzeittickets zu Uwe Beckers verkehrspolitischen Vorstellungen, die in einer Frage-Antwort-Runde und weiteren Beispielen mit den Bürgern konkretisiert wurden.

Seine alle Interessen berücksichtigende Verkehrspolitik harmonieren mit Forderungen Ulrich Caspar. Der IHK-Präsident warnte unter dem Beifall vieler der rund 120 Besuchern davor, dass Hauptverkehrsstraßen zu Fahrradwegen umfunktioniert werden. „Frankfurt lebt davon, dass Menschen aus der Nachbarschaft zu uns in die Stadt kommen, um einzukaufen“, sagte er. Dennoch entstehe der Eindruck, dass Planer Autospuren beseitigten, um Menschen zu zwingen, ihr Fahrzeug nicht mehr zu nutzen, weil sie sonst im Stau stehen.
Caspar forderte eine faktenbasierte Verkehrspolitik, die sich auch an Bedürfnissen und Erwartungen der Geschäftsleute orientiere. Unternehmer müssten sich auf Rahmenbedingungen verlassen können. Und Menschen sollten „verkehrspolitisch keine Versuchskaninchen“ sein. Der IHK-Präsident verdeutlichte seine Kritik an Beispielen, wie Firmen und Betriebe durch Eingriffe in den Verkehr immer mehr Umsatzeinbußen erlitten oder Mitarbeiter nicht mehr an ihrer Arbeitsstelle parken könnten. Verkehrspolitische Maßnahmen sollten mit der IHK als öffentlich-rechtliche Institution abgestimmt werden, riet er. Ansonsten müsse sich „niemand wundern, dass immer mehr Leerstand in der Frankfurter Innenstadt entsteht“.

Frank Nagel, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung, skizzierte eine ganzheitliche Verkehr- und Mobilitätsbetrachtung über Gebietsgrenzen hinaus. Hinzu komme eine stärkere Berücksichtigung der Nahmobilität, des Fußgängerverkehrs und der Barrierefreiheit. Wichtig sei – wie etwa in der Schweizer oder der Berger Straße – der Dialog mit örtlichen Gewerbetreibenden, Industrie und natürlich den Anwohnern. „Wir sind als Politiker gefordert, alle mitzunehmen und sollten offen, respektvoll und gefühlsbetont auf die Bürger zugehen“, bekräftigte Nagel.

Alexander Breit, studierter Stadtplaner und beim Radentscheid involvierter Berater, sieht hingegen in schnellen und temporären Eingriffen greifbare Verbesserungen. Ohne viel Bürokratie entstehe ein neues Verkehrsnetz. Der Radentscheid habe die Prioritäten in der Frankfurter Mobilitätsplanung verschoben. Fußverkehr und ÖPNV müssten ineinandergreifen, der Autoverkehr spiele nur noch eine kleine Rolle. Mit fortlaufender Diskussion räumte Breit ein, dass er Vorstellungen und Kritik anderer Podiumsteilnehmer mittrage („In der Oeder und Schweizer Straße hätte man mehr kommunizieren müssen“). Angesichts der Klimaveränderungen habe aber auch „eine stückchenweise Herangehensweise ihren Charme“. Frankfurt müsse schon jetzt seinen Beitrag leisten, nicht erst in zehn Jahren, wenn der nächste Gesamtverkehrsplan fertig sei.

Hendrik Gienow, einer der Gründer der Bürgerinitiative „Vorfahrt Frankfurt“, konstatierte, dass sich die Gesprächspartner in mehr Punkten einig seien als erwartet. Das Ausmaß des Autoverkehrs habe ein unerträgliches Ausmaß erreicht. Frankfurt lebe jedoch von der ganzen Region. Insofern müsse die Wirtschaftskraft erhalten und gestärkt werden.
Wer wolle, dass es der Stadt gut gehe, „muss deshalb dafür sorgen, dass die Unternehmer Gewinne machen können“. Das funktioniere nicht durch die Verdrängung der Autos. 390000 Pendler kämen jeden Tag in die Stadt, 64 Prozent der Arbeitsplätze seien mit Pendlern besetzt. Zukunftsorientiert könne Frankfurt Vorreiter beim Ausbau des ÖPNV werden. Für die Verkehrswende „braucht man aber nicht literweise rote Farbe ausgießen, um 28 Kilometer Straße anzumalen“, sagte Gienow, der von der Politik unter anderem ein vernünftiges Angebot mit mehr Bussen und sauberen Bahnhöfe erwartet.

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